Eingangstor einer autofokussierten Stadt

Aktuell werden auf Kreisebene die Planungen zum Ausbau der Kreuzung Hamburger Straße/Nordring/Dibberser Straße/Buenser Weg in einen Kreisverkehrsplatz („Kreisel“) politisch beraten. Die Planungen des Landkreises, der für diese Kreisstraße zuständig ist, erweisen sich bedauerlicherweise als wenig fahrradfreundlich. Der Kreisel wurde sehr autofreundlich geplant und so dimensioniert, dass auch noch eine mögliche östliche Umfahrung (vormals „Ostring“ genannt) angeschlossen werden kann. Der Radverkehr spielte bei der Planung offenbar nur eine untergeordnete Rolle. So wird der Kreisel zum Symbolbild, dem Eingangstor einer autofokussierten Stadt.

Aktuell ist es Radfahrenden in Ost-West-Richtung möglich, die Dibberser Straße an nur einer durch eine Ampel geregelten Stelle zu queren. Zukünftig werden dafür mind. zwei Straßenquerungen nötig sein. Eine beampelte Querung über die Hamburger Straße etwas südlich vom Kreisel und eine ungeregelte Querung des Nordrings mit Mittelinsel als Querungshilfe etwas westlich vom Kreisel (und zumindest bis auf weiteres auch die Querung des Buenser Wegs im Ostens). Dadurch verschlechtert sich die Kreuzungssituation für Radfahrende in Ost-West-Richtung erheblich. Auch für den Schüler:innen-Radverkehr, der aus der Theodor-Storm-Straße kommend weiter in den Buenser Weg möchte (und umgekehrt), konnte nur eine semi-zufriedenstellende Lösung präsentiert werden.

Einzelne Kreistagsmitglieder, der ADFC und auch der BUND haben gegen die vorgelegte Planung protestiert und alternative Lösungsvorschläge vorgelegt (z. B. eine Überführung oder einen Tunnel). Diese wurden aber abgelehnt, weil sie angeblich baulich nicht umsetzbar oder nicht finanzierbar seien und die Beseitigung der aktuell unbefriedigenden Situation mit Behelfsampel nur unnötig verzögern würden. Uns drängt sich der Eindruck auf, dass der Landkreis gar nicht gewillt ist, die Planung fahrradfreundlicher anzupassen. Wir sind uns aber sicher, dass es auch für diese Kreuzungssituation eine fahrradfreundlichere Lösung gibt. Man muss sie nur suchen wollen. Enttäuscht sind wir in diesem Zusammenhang auch von der Stadt Buchholz, die zumindest die Chance gehabt hätte, ein Veto einzulegen. Aber da kam nichts, eher im Gegenteil. Weil man an den Baukosten anteilig beteiligt werden soll, wurde die Planung sogar mit den Vertreter:innen der Stadt Buchholz abgestimmt und von diesen (ohne Beteiligung der Öffentlichkeit, der Politik oder den Radfahrverbänden) mitgetragen.

Das ist alles nicht nur ärgerlich, weil wir als Fahrradfreunde gerne schnell, bequem und sicher von A nach B fahren wollen, sondern insbesondere auch, weil wieder einmal eine Chance versäumt wird, den Radverkehr attraktiver zu machen. Weil der Autoverkehr immer mehr Platz in unseren Städten einnimmt und erheblich zum Klimawandel beiträgt, sollten wir besser gestern als heute alles dafür tun, mehr Menschen aufs Fahrrad zu bringen. Mit der vorgestellten Planung gelingt das jedenfalls nicht.

Wozu veranstalten wir eigentlich solche Klimaschutzaktionen wie das STADTRADELN oder engagieren uns im Buchholzer Klimaforum, wenn solche Bemühungen an anderer Stelle einfach mit dem Hintern wieder umgerissen werden? Die einfachste Klimaschutzmaßnahme wäre es doch, ab sofort einfach mal Dinge zu unterlassen, die für die weitere Erderhitzung sorgen. Es wäre doch nichts leichter als das.

Wir sind zwar keine Verkehrsplanungsexperten, aber dennoch kommen uns zwei Lösungsansätze in den Sinn. Zum einen könnte man es einfach bei einer Ampelkreuzung belassen (und eine mögliche östliche Umfahrung, die hoffentlich nie kommt, nicht dort, sondern weiter nördlich an die Dibberser Straße anbinden) oder zum anderen einen Kreisel nach holländischem Vorbild bauen (siehe hier). Der benötigte Platz dürfte dafür ja vorhanden sein. Man hat eine solche Variante offenbar nur verworfen, weil ein „holländischer Kreisel“ rechtlich nur innerorts umsetzbar sei. Ist dieses „Problem“ wirklich nicht zu lösen?

Ergänzung vom 05.05.2021: Wir haben daher sowohl der Stadt Buchholz als auch dem Landkreis das Angebot einer kostenlosen Impulsberatung der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) vorgestellt, damit vielleicht nochmal ein weiterer Blick von außen nach einer fahrradfreundlichen Lösung sucht. Die Stadt Buchholz hat das aufgrund ihrer Nichtzuständigkeit sofort abgelehnt und an den Landkreis verwiesen. Dieser hat sich allerdings bislang noch nicht auf unseren Vorschlag gemeldet. Das zeigt, wie wichtig der Stadt und dem Landkreis eine fahrradfreundliche Lösung sind.

Zu diesem Eindruck passt auch das folgende Erlebnis (ergänzt am 20.05.2021):
Am 19.05.2021 hatten wir die Möglichkeit, vor Vertretern der Buchholzer Stadtverwaltung (Herr Niemöller (Stadtbaurat), Herr Steinhage (Leiter der Fachbereiche Betriebe u. Stadtentwicklung), Herr Loginowski (Leiter Fachdienst Stadtplanung), Herr Krohn (Leiter Verkehrsbehörde) und Herr Müller (Radverkehrsbeauftragter)) die aus unserer Sicht fahrradunfreundliche Planung anzusprechen. Wir baten um ein Gespräch, um gemeinsam nach Verbesserungen der vorgelegten Planung zu suchen. Dazu war man nicht bereit. Vielmehr verwies man erneut auf den Landkreis Harburg, der für die Planung und den Bau dieses Kreisels zuständig und verantwortlich sei. Man hätte die verkehrliche Situation am Knotenpunkt intensiv besprochen und eine aus Stadtsicht abschließende Stellungnahme zu den Planungen abgegeben. Die aktuelle Planung gibt aus Sicht der Stadtverwaltung die bestmögliche Umsetzungsmöglichkeit wieder. Zu einem Gespräch mit uns und dem ADFC sei man daher nicht bereit. Ist das nicht unfassbar?

Hier findet ihr bei Interesse die wesentlichen Planungsunterlagen des Landkreises.

Zur Information verlinken wir hier die Stellungnahme des ADFC und die Stellungnahme des BUND zur aktuell vorliegenden Planung.

Die Lokalpresse berichtete bisher wie folgt:

5 Gedanken zu „Eingangstor einer autofokussierten Stadt

  1. Vielen Dank für diesen umfassenden Bericht nebst Anlagen. Wieder mal stellt sich mir die Frage, auf welchem Weg wir hier in Buchholz den “ Autowahn“ bei Politik, Verwaltung und auch vielen Mitmenschen am ehesten aus den Köpfen bekommen.

  2. Hallo liebe Radler*innen,
    es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Stadt Buchholz aus Kostengründen eine fahrradfreundliche Alternative ablehnt. Diese pure Arroganz ist unerträglich! Eine Gefahrenquelle bleibt bestehen und wird dazu führen, dass weitaus mehr Kosten entstehen können, ungeachtet der Umweltbelastung durch Staus vor der zurück verlegten Ampel. Normalerweise müsste doch jedem Deppen auffallen, dass am jetzigen Plan etwas nicht stimmt.

    1. Hallo liebe Mit-Bürger*innen!

      Blick über den Zaun? Ich habe 2 Jahre in den Niederlanden gelebt – und geradelt! Allein ein Beispiel: „Dort sind bei Ampelkreuzungen Kontaktschleifen nicht nur in die Fahrbahn der Autos, sondern auch in den Radweg eingelassen.“ Der Trick: Schon vor dem Erreichen der Ampelanlage auf dem Radweg hat der intelligente Ampel-Computer die Radfahrer erkannt und kann eine „grüne Welle“ für Radfahrer ermöglichen! – Davon ist die Ampel-Landschaft der Buchholzer Stadtteile meilenweit entfernt! Schade! (Jetzt verstehe ich Arndt mit der Anspielung auf Deppen!)

    2. Ich hatte in diesem Jahr ebenfalls mit dem Landkreis Harburg Kontakt bzgl des geplanten Kreisels, weil ich Angst um meine Schulkinder habe, die diesen Weg zu Fuß oder per Roller/ Fahrrad meistern müssen. Wir wohnen in Vaensen und haben daher schon in der Grundschule keinen Anspruch auf den Schulbus… dann heißt es immer wieder, Kinder sollen den Schulweg alleine zurücklegen und dann sollen solche Kreisverkehre gebaut werden, die weder sicher noch Fahrradfreundlich sind. Vom Landkreis kommt immer nur die Aussage, es wäre sicher und die Überquerungen halbieren sich – das stimmt aber nur von Buchholz kommend… für alle anderen wird es gefährlicher, da es auch keinen Zebrastreifen geben wird… Autos haben somit Vorrang. Und wer schon an Kreisverkehrenn stand, weiß, wie schnell man dort schon als Erwachsener übersehen wird, wie wird es da erst bei Kindern sein? Gar nicht vorstellbar, wenn dem 1. Kind dort etwas passiert. Aber der Landkreis lässt nicht mit sich reden. Da hilft wohl nur eine Petition

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit exceeded. Please complete the captcha once again.