Unser Eindruck hat sich bestätigt: der Radverkehrsanteil hat sich gegenüber 2012 verdoppelt und liegt nun bei 24% im sog. Modal Split, der Verteilung der genutzten Verkehrsmittel. Das zeigen die Ergebnisse der jüngsten Haushaltsbefragung zum Mobilitätsverhalten der Buchholzer:innen, die im Frühjahr 2024 durchgeführt wurde (vgl. Ratsvorlage VO 21-26/0714). Gleichzeitig hat der Anteil des Kfz-Verkehrs von 59% auf 44% am Gesamtverkehr abgenommen.
Eine erfreuliche Entwicklung, die vom beauftragten Fachbüro R+T insbesondere mit drei Entwicklungen begründet wurde:
- Viele erfolgreiche Bemühungen der Stadt zur Förderung des Radverkehrs
- E-Mobilität im Radverkehr
- Vermehrte Anteile an Home-Office-Tätigkeiten
Welche Erfolge der Radverkehrsförderung hier vom Fachbüro R+T gemeint sein könnten, wird im Ergebnisbericht jedoch nicht erwähnt. Wir haben eher den Eindruck, dass der Radverkehrsanteil nicht wegen, sondern trotz der Verkehrspolitik der Stadt Buchholz gestiegen ist. Im Nordheide Wochenblatt wird dankenswerterweise eine weitere Begründung geliefert:
Auch das großartige Engagement des Vereins Buchholz fährt Rad ist hier zu nennen.
Kommentar von Bianca Marquardt, Redakteurin des Nordheide Wochenblatts, in der Ausgabe vom 11.12.2024
Das sehen wir auch so, denn schließlich ist unsere Arbeit eine breit angelegte Kampagne zur Verbesserung der Radkultur in Buchholz in der Nordheide. Vielen Dank, Frau Marquardt!
Bericht im Nordheide Wochenblatt vom 11.12.2024 (5 MB)
Der Ergebnisbericht zur Haushaltsbefragung verdeutlicht aber auch die Potenziale für eine weitere Verlagerung des Kfz-Verkehrs zum Radverkehr:
- 71% der Wege in Buchholz sind kürzer als fünf Kilometer.
Das sind Distanzen, die sich gut mit einem Fahrrad zurücklegen lassen.
- 26% der Wege haben den Zweck „Einkaufen“ (20%) oder „private Erledigungen“ (6%). Knapp 60% der Befragten gaben an, mit dem Auto zum Einkaufen zu fahren.
Dabei können viele Einkäufe und Besorgungen auch mit dem Fahrrad, ggf. mit (Schwerlast-) Anhänger, oder mit einem Lastenrad erledigt werden (vgl. unser Projekt Heidschnucke – Lastenrad für Buchholz).
- 9% der Wege haben den Zweck „Bringen/Abholen von Personen“, die oftmals (rd. 67%) mit dem Auto als sog. Eltern-Taxis zurückgelegt werden.
Wir fordern daher z. B. im Rahmen der Kidical Mass eine kindgerechte Verkehrspolitik, damit sich unsere Kinder sicher und selbstständig in Buchholz fortbewegen können, ohne dass Eltern Angst um sie haben müssen. Dieses gilt insbesondere für die Schulwege und die Wege zu den Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche (z. B. Sportzentrum).
- Die Erreichbarkeit der Ziele mit dem Fahrrad bewerten 55% und mit dem Pkw 79% als gut.
Das lässt unseres Erachtens den Rückschluss zu, dass in der Vergangenheit der Autoverkehr Priorität in der Verkehrspolitik hatte. Angesichts des sich verändernden Modal Splits sollte sich dieses nun ändern.
- 25% aller Wege haben mindestens einen Start- oder einen Zielpunkt in der Innenstadt. Diese Wege werden zu 29% mit dem Fahrrad und zu 38% mit dem Auto zurückgelegt.
Dieses Verhältnis sollte nun auch in der Nutzung von öffentlichen Straßen- und Parkplatzflächen sowie im Straßenverkehrsbudget zum Ausdruck kommen. Es müssen in der Innenstadt vermehrt Parkplätze und Straßenflächen für den Radverkehr nutzbar gemacht werden, um den Radverkehr sicher zu machen und noch mehr Autofahrten auf das Fahrrad zu verlagern.
- Die Zufriedenheit mit dem Radfahren in Buchholz bzgl. Zustand und Sicherheit der Radwege und Kreuzungsbereiche ist gering. Selbst die sog. „Bequem und Sicher Routen“ beurteilen nur 7% als sicher und in einem guten Zustand. Viele kennen diese Routen gar nicht.
Wie bereits zuvor betont, sollten daher die Prioritäten in der Verkehrspolitik dem geänderten Modal Split gerecht werden und u.a. den Radverkehr stärker berücksichtigen. Das verkehrspolitische Ziel einer autogerechten Stadt ist inzwischen längst überholt. Die Denkweise muss sich umdrehen: Innerorts sind Zufußgehende und Radfahrende als die schwächsten Verkehrsteilnehmenden zu schützen. Ihnen ist dafür im öffentlichen Raum ausreichend Platz zur Verfügung zu stellen. Danach folgt der ÖPNV und erst am Schluss sind die Belange des motorisierten Individualverkehrs (MIV bzw. Pkw-Verkehr) in den verbleibenden Verkehrsflächen zu berücksichtigen. Auch wenn darunter die Attraktivität des Autofahrens leidet. Dadurch gewinnt nicht nur der Radverkehr, auch unsere Innenstadt wird belebter, ruhiger und weniger verschmutzt. Mit einer steigenden Aufenthaltsqualität gewinnt auch der Einzelhandel und die Gastronomie. Unser Klima gewinnt dabei sowieso. Durch diese Umkehr in der Priorisierung von verkehrspolitischen Maßnahmen werden auf einmal auch die in der Haushaltsbefragung genannten Voraussetzungen für eine häufigere Fahrradnutzung umsetzbar, wie z.B. mehr Radwege neben der Fahrbahn und getrennt vom Fußverkehr, mehr (sichere) Abstellanlagen in der Innenstadt und am Bahnhof sowie der Bau einer Radstation am Bahnhof.