Komm, lass uns auf Schokofahrt fahren. So heißt es dieser Tage für rd. 250 Schokofaher*innen aus Deutschland und Österreich. Ziel aller ist es, am 05.10.2019 in Amsterdam insgesamt rd. 2,5 t fair gehandelte Bio-Schokolade aufzuladen und emissionsfrei nach Deutschland in den Einzelhandel zu transportieren. Wir nehmen daran nun zum zweiten Mal teil. Im April war Lars Felten allein unterwegs; jetzt sind wir zu Dritt: Reenie Vietheer, Dr. Jürgen Dee und Peter Eckhoff. Allerdings fahren wir nicht jeweils die gesamte Strecke von fast 1.000 Kilometern, sondern wechseln uns zwischendurch etappenweise ab.
Weitere Infos zur Schokofahrt findet ihr hier.
Tag 1 – 01.10.2019
Peter startete am Dienstagvormittag im strömenden Regen aus Buchholz. Er fuhr aber erstmal nur bis Klecken, um dort samt Lastenrad in den Metronom nach Bremen einzusteigen. Da man am Buchholzer Bahnhof Treppen steigen muss, war ein Bahnsteig gefordert, den man mit dem Lastenrad barrierefrei erreichen kann. In Scheeßel stieg er wieder aus, um dann – ohne Regen – zum Treffpunkt in Zeven zu radeln. Dort warteten Joachim aus Reinbek, Ingo und Eckhardt aus Hamburg sowie Christian und Hans-Joachim aus Lüneburg. Gemeinsam ging es dann zu sechst auf die erste Etappe nach Bremen. Insgesamt wurden es so rd. 75 km zum Einrollen. Joachim musste bereits in Bremen einen Fahrradhändler aufsuchen, um lose Speichen festziehen und das Klappern seines Schutzbleches beseitigen zu lassen. Die Jungs aus der Fahrradwerkstatt Sønsteby’s in der Parkallee waren sofort und sehr kompetent hilfsbereit. Als Dank hat ihnen Joachim versprochen, auf der Rückfahrt Schokolade vorbeizubringen.
Tag 2 – 02.10.2019
Wir übernachteten in der Bremer Jugendherberge direkt am Weserufer. Sehr schön! Heute sollte uns die zweite Etappe bis kurz vor Meppen führen. Ziel und nächster Übernachtungsort war nach rd. 130 km der Waldgasthof Röckers in Helte. Am Vormittag hatten wir wider Vorhersage bestes Wetter. Erst als wir in Cloppenburg unsere Mittagspause machten, kam der erste gewaltige Schauer runter. Der Nachmittag wurde dann wechselhaft und leider etwas windiger. Dennoch konnten wir – in Regenklamotten gehüllt – nahezu trocken fahren. Inkl. Pausen waren wir heute rd. zehn Stunden unterwegs. Die Stimmung ist gut!
Bei unserer Pause in Löningen zogen wir das Interesse der „Ureinwohner“ auf uns. Mit dabei war auch die Bäuerin von „Lady Gaga“, der schönsten Kuh Deutschlands (rechts im Foto im Gespräch mit Hans-Joachim). Auch solche Erlebnisse machen die Schokofahrt zu etwas Besonderem. 10 km vor Schluss riss bei Eckhardt dann leider eine Speiche. Da wir alle auch ADFC-Mitglied sind, haben wir prompt die ADFC-Pannenhilfe angerufen. Es war kurz nach 18 Uhr. Man sagte uns: „Jetzt erreiche ich keine Fahrradwerkstatt mehr und morgen sei Feiertag. Vor Donnerstag wird das nichts“. Toll, so hatten wir uns eine Pannenhilfe wahrlich nicht vorgestellt. Also geht’s für Eckhardt wohl erstmal mit einer Speiche weniger weiter. Bei der nächsten Schokofahrt haben wir daher wohl nicht nur einen Speichenspanner, sondern auch Ersatzspeichen dabei. Abends kam dann Reenie vom Meppener Bahnhof mit dem Faltrad ihrer Schwester zur Unterkunft geradelt und empfing uns gut gelaunt und fröhlich lächelnd. Sie wird nun die nächsten beiden Etappen bis nach Amsterdam übernehmen. Peter sattelte auf das Faltrad um, radelte fünf weitere Kilometer zum Meppener Bahnhof und fuhr dann mit dem Zug wieder nach Buchholz zurück.
Tag 3 – 03.10.2019
Reenie startet heute in die Tour. Spätestens beim Frühstück hatte sie schon alle um ihre Finger gewickelt. Zieht euch warm an, Männer; das wird heute eine harte Tour! Es geht rd. 115 km über Nordhorn und die deutsch-niederländische Grenze bis nach Welsum an der IJssel.
Das Wetter war heute leider sehr wechselhaft, Sonne und Regen bescherten uns aber schöne Regenbogen. Die Landschaft war mit Feld, Wald und Heide ebenfalls sehr abwechslungsreich. Eckhardts gebrochene Speiche konnte heute Mittag von einem netten Holländer gewechselt werden. Radfahrer helfen sich gegenseitig, auch international. Auch wir konnten einem jungen Radfahrer bei einer Panne helfen (siehe Foto). Bevor in Almelo eine Mittagspause eingelegt wurde, ging es über rd. 30 km schnurgerade an einem Kanal entlang. Dabei gab es mit Christian und Eckhardt leider zwei Stürze. Beide gingen zum Glück glimpflich aus, außer ein paar Schürfwunden und Lackkratzern. Kurz vor dem Ziel überquerten wir noch die IJssel per Fähre … und, wie der Zufall es will, trafen wir dort auf die Schokofahrer aus Bremen. Wir übernachten heute direkt hinterm Deich in Campinghütten, sog „Chalets“, bei De Stuurmanskolk.
Tag 4 – 04.10.2019
Heute morgen ging es ohne Frühstück los, obwohl Ingo Geburtstag hatte. Es ließ aber nicht lange auf sich warten; in Epe, nach ca. 10 km, machten wir unseren ersten Stop und stärkten uns mit einem Geburtstagsfrühstück für den Tag. Aufgrund des Schietwetters, es regnete ununterbrochen, machten wir fast keine Pausen und erreichten gegen 14 Uhr nach rd. 75 km Almere. Dort gönnten wir uns eine ausgiebige Mittagspause im Viva la Café bij Petra, das auf fair gehandelte Ware in Bio-Qualität wert legt. Wir kamen sofort mit Petra ins Gespräch, die vom Gedanken der Schokofahrt ganz begeistert war und noch ein Foto für ihre Facebook-Seite machte. Wir wollten gar nicht mehr zurück in den Regen, mussten aber leider. Denn 30 km lagen noch vor uns. Unser Quartier, das in Zuiderwoude ca. 15 km außerhalb im Nord-Osten von Amsterdam liegt, erreichten wir dann schließlich gegen 18 Uhr, pitschnass, aber glücklich. Den Abend rundeten wir mit lekker Pfannkuchen ab und ihre letzte Nacht verbringt Reenie in einem „Tiny House“ (siehe Foto). Denn morgen nach dem Aufladen der Schokolade löst Peter sie wieder ab. Reenie fährt dann mit dem Zug wieder nach Buchholz zurück.
Tag 5 – 05.10.2019
Heute war es endlich soweit. Wir fuhren nach dem Frühstück direkt zu den Chocolatemakers in den Westhafen von Amsterdam. Denn um 10 Uhr begann die Ausgabe der bestellten Schokolade. Man ging nach Alphabet vor, so dass wir nach Aachen, Aurich, Bonn, Bremen u. a. schon ziemlich bald an der Reihe waren. Die Hamburger hatten 26 Kartons zu verstauen. Deutlich mehr, als sie – warum auch immer – kalkuliert hatten. So musste die Fracht auf andere Schokofahrer verteilt werden. Wir nahmen auch etwas ab und werden nicht nur die 32 kg für Buchholz, sondern insg. knapp 50 kg Schokolade transportieren. Mal sehen, wie das funktioniert. Die Chocolatemakers haben gerade vor wenigen Wochen ihre neue Fabrik bezogen und nahmen die Schokofahrt zum Anlass, zur offiziellen Einweihungsfeier zu laden. So wurde das Abholen und Aufladen der Schokolade zu einem kleinen Fest. Über 200 Räder, insb. Lastenräder, waren vor Ort, um insg. 2,5 t Schokolade aufzuladen. Wahnsinn! Die Fotos geben einen kleinen Eindruck von diesem besonderen Ereignis wieder. Es war schön, das zu erleben. Reenie übergab dann auch planmäßig das Lastenrad an Peter zurück, der die ersten beiden Tagesetappen auf dem Rückweg übernehmen wird.
Tag 6 – 06.10.2019
Heute begann der Tag richtig kalt. Vermutlich lag es auch am aufkommenden Wind. Nach drei Tagen Fahrpause übernahm Peter wieder den Lenker und wird das Lastenrad über die nächsten beiden Tagesetappen steuern. Heute ging es über rd. 110 km nach Oene an die IJssel. Zu allem Überfluss bließ uns heftiger Ostwind ins Gesicht und es regnete den ganzen Tag über. An solchen Tagen hilft es, in der Gruppe zu fahren, um einen Tag wie diesen zu überstehen. Wir erinnerten uns alle immer wieder daran, warum wir die Schokofahrt machen: Wir wollen zeigen, dass emissionfreier Transport möglich und das Lastenrad dabei ein bislang unterschätzter Teil der Lösung ist. Vielleicht nicht unbedingt auf so langen Distanzen, aber auf kürzeren Strecken allemal. Die Unterstützung des E-Motors wollte Peter heute jedenfalls nicht missen. Auf der Rückfahrt sind wir sogar zu zehnt unterwegs. Zu uns gesellten sich noch Sofia aus Kiel, Salomé und Timo aus Flensburg sowie Artus aus Lüneburg. Am Ende des Tages freuten sich alle auf eine warme Dusche und Mahlzeit. Die Nachtruhe begann heute ungewöhnlich früh.
Tag 7 – 07.10.2019
Heute war zur Abwechslung mal wieder ein schöner, sonniger Tag. Gleich zu Beginn stand die Überquerung der IJssel mittels Fähre auf dem Programm. Peter kam auf der Fähre mit Joris ins Gespräch, einem jungen Familienvater, der mit seinem Bakfiets seine beiden Kinder vermutlich nach Olst zum Kindergarten brachte und dafür auch die Fähre nutzte. Er fragte, warum wir diese Fähre kannten und war von der Schokofahrt begeistert. Er kannte sogar die Chocolatemakers und wusste, dass der Kakao nach Amsterdam gesegelt wird. Peter schenkte den Kindern eine Schokolade und Joris bezahlte dafür die Fähre. Solche Begegnungen macht man nur beim Radfahren, vielleicht noch im Zug. Ein Lastenrad hilft auf jeden Fall, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Einfach toll!
Unsere Mittagspause verbrachten wir in einem Restaurant in Almelo. Danach ging es rd. 30 km an einem Kanal entlang. Uns juckte es in den Beinen und wir „ballerten“ diese Strecke im flotten Tempo bis nach Nordhorn. So waren wir dann auch etwas früher als gedacht nach rd. 115 km wieder in Helte (bei Meppen) bei unserem Quartier. Dort wartete Jürgen auf uns, der dann von Peter die letzten beiden Tagesetappen bis nach Buchholz übernehmen wird.
Tag 8 – 08.10.2019
Nach gutem Frühstück begann nun auch die Schokofahrt für Jürgen. Bis Bremen waren es rd. 130 km. Jürgen hatte vor dieser Strecke mit voll beladenem Lastenrad durchaus Respekt. Er ist zwar erfahrener E-Biker, aber ein Lastenrad hatte er in diesem Umfang noch nicht bewegt. Es war der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser. Nach kurzer Einführung von Peter am Vorabend, „halte den Lenker am besten mit beiden Händen fest“ und „pass beim Bremsen des Vorderrads insb. in Kurven auf“, musste es gehen. Und es ging, richtig gut sogar. Der morgendliche Regen hörte zum Glück schnell auf, so dass die Tagesetappe im Trockenen gefahren werden konnte. Heute war auch noch Wiebke, die Freundin von Timo, dabei. Timo machte heute auch wieder Filmaufnahmen mit seiner Drohne. Wir freuen uns schon, diese bald ansehen zu können. Der Loser der Mittagspause war der Imbiss Meyer in Cloppenburg. Die Szene erinnerte stark an eine alte Flensburger-Werbung: „Moin … Moin … Moin … Moin … können wir bei Ihnen unsere Akkus laden? … Nein, das geht hier leider nicht … Tschüss … Tschüss … Tschüss … Tschüss“. Richtig, so geht das gar nicht, Herr Meyer. Ein Stückchen weiter war man dann gastfreundlicher und geschäftstüchtiger. Entsprechend hoch fiel das Trinkgeld aus. In Bremen angekommen, war im Feierabendverkehr nochmal unsere ganze Konzentration gefordert. Wir erreichten dennoch wohlbehalten gegen 19 Uhr die Bremer Jugendherberge an der Weser. Nach dem Abendessen fiel dann nicht nur Jürgen stolz ins Bett.
Tag 9 – 09.10.2019
Heute geht die Schokofahrt leider schon wieder zu Ende. Jürgen erreichte heute mit 32 kg Schokolade Buchholz. In Apensen, kurz vor Buxtehude, trennte er sich von der Nordlink-Crew und wurde von Peter und Lars, der für uns die letzte Schokofahrt im April mitgefahren ist, nach Buchholz begleitet. Die Schokolade haben dann sofort zum Reformhaus Dreyer gebracht, dessen Spediteur wir waren. Der Einkauf der Schokolade erfolgte direkt und auf Rechnung vom Reformhaus Dreyer. Wir stellten „nur“ den emissionsfreien Transport dieser fair gehandelten Bio-Schokolade dar. Dafür sind wir unentgeltlich während unserer Freizeit zu dritt über insgesamt 1.000 km nach Amsterdam und wieder zurück geradelt. Die Kosten für die Übernachtungen und Bahnfahrten haben wir aus privater Tasche finanziert, um diese Schokofahrt zu ermöglichen und den Gedanken des emissionsfreien Transports mittels Lastenrad zu fördern … und weil es uns eine solche Tour einfach Spaß macht. Wer das unterstützen möchte, kauft bitte die Schokolade (ab sofort für 2,95 EUR pro Tafel im Reformhaus Dreyer) und/oder spendet an den Verein Buchholz fährt Rad e.V. Die Daten des Spendenkontos findet ihr hier. Herzlichen Dank!